Auf die von Rechtsanwalt Jens Schiminowski (strafverteidiger.team) ausgeführte sachlich-rechtliche Beanstandung hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil des Landgerichts Bonn vom 5. Oktober 2021 (21 KLs 6/21) teilweise aufgehoben (BGH, Beschluss vom 30. März 2023 – 2 StR 118/22). Die Sache muss jetzt wegen vier der verhängten neun Einzelstrafen sowie wegen der Gesamtstrafe neu verhandelt werden. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts hat der BGH zugunsten des Mandanten bereits selbst teilweise abgeändert.
document.py (bundesgerichtshof.de)
Gegenstand des landgerichtlichen Verfahrens
Die BGH-Entscheidung
Die von Rechtsanwalt Schiminowski verfasste Revision hat dem BGH Anlass gegeben, erstmals zu entscheiden, ob das Tatgericht berechtigt ist, den Umstand, dass der Angeklagte die abgeurteilten Straftaten zu einem Zeitpunkt beging, zu dem die Bewährungszeit aus einer früheren Verurteilung zwar abgelaufen, die dabei verhängte Strafe aber noch nicht erlassen war, zum Nachteil des Angeklagten strafschärfend zu berücksichtigen. Der BGH hat diese Frage in Übereinstimmung mit der Revision verneint. Er hat klargestellt, dass der ausstehenden Entscheidung über einen Straferlass, auf deren Zeitpunkt der Proband selbst keinen Einfluss habe, gegenüber dem Ablauf der Bewährungszeit kein eigenständiges Gewicht zukommt. Die Tatsache, dass die frühere Bewährungsstrafe zum Zeitpunkt der neuerlichen Tatbegehung noch nicht erlassen sei, sei für die Bestimmung der aktuellen Strafe regelmäßig unerheblich.
Bedeutung für die Verteidigungspraxis
Mehr als 70 Jahre nach seiner Errichtung hat der Bundesgerichtshof nunmehr erstmals entschieden, dass dem Fehlen einer förmlichen Entscheidung über den Erlass einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe nach dem Ablauf der Bewährungszeit keine eigenständige Bedeutung zukommt. Vielmehr sei im Einzelfall zu prüfen und festzustellen, ob der Angeklagte die ihm bei der früheren Verurteilung gegebene Gelegenheit, sich in Freiheit zu bewähren, tatsächlich nutzen wollte und auch für sich nutzen konnte.
Die Entscheidung aus Karlsruhe hält die Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger eindringlich dazu an, sich mit allen Erwägungen eingehend auseinanderzusetzen, welche die Tatgerichte zur Bestimmung der gegen ihre Mandanten verhängten Strafen anführen. Ihre revisionsrechtliche Prüfung darauf sich insofern nicht nur auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränken. Sie muss auch für Fragen offenbleiben, zu denen sich das höchste Strafgericht der Bundesrepublik bislang noch nicht verhalten hat
Als auf Revisionen von Strafurteilen spezialisierter Rechtsanwalt und Strafverteidiger berate ich Sie gerne zu Ihrem konkreten Fall. Rufen Sie mich an oder schicken Sie mir eine eMail an: schiminowski@strafverteidiger.team