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Das strafverteidiger.team hat mit einer Verfahrensrüge das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 10. August 2021 (55 KLs 24/20) durch den Bundesgerichtshof (BGH) aufheben lassen (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2022 – 4 StR 503/21):

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=127353&pos=5&anz=832&Blank=1.pdf

Die Sache muss in Dortmund vollständig neu verhandelt werden.

Gegenstand und Ablauf des Verfahrens

Das Landgericht Dortmund hatte den von einem Dortmunder Kollegen verteidigten Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen sowie wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Zur Wahrung der Höchstfrist für ihre Unterbrechung hatte es am 14. Juni 2021 die Hauptverhandlung fortsetzen wollen. Nach gescheiterten Ladungsversuchen hatte es den vom Vollzug der Untersuchungshaft verschonten Angeklagten zu dem Termin vorführen lassen. Nach der Vereidigung der für diese Sitzung hinzugezogenen Dolmetscherin hatte das Landgericht den Angeklagten lediglich dazu angehört, ob er schuldhaft gegen seine Meldepflicht aus dem Haftverschonungsbeschluss verstoßen hatte und der Haftbefehl deshalb wieder in Vollzug gesetzt werden müsse.

Inhalt der BGH-Entscheidung

Auf die Verfahrensrüge hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil in vollem Umfang aufgehoben. Er ist der Ansicht der Revision beigetreten, das Landgericht habe die Hauptverhandlung vorschriftswidrig länger als drei Wochen unterbrochen. Am 14. Juni 2021 sei die Verhandlung nicht im Rechtssinn fortgesetzt worden, weil das Landgericht das Verfahren in dem durchgeführten Termin nicht weiter vorangebracht und gefördert habe. Die Anhörung des Angeklagten zu den Gründen seines Verstoßes gegen die Meldeauflage aus dem Haftverschonungsbeschluss hätten nicht der Aufklärung des Sachverhalts gedient oder ihren Fortgang betroffen. Die Vereidigung der Dolmetscherin sei schon deshalb erforderlich gewesen, um mit dem sprachunkundigen Angeklagten verhandeln zu können. Nur in seltenen Ausnahmefällen können ausgeschlossen werden, dass sich die gerügte Fristüberschreitung auf das Urteil ausgewirkt habe.

Bedeutung für die Verteidigungspraxis

Mit seiner Entscheidung hat der 4. Strafsenat die Rechtsprechung des BGH dazu weiter konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen das Verfahren „im Hinblick auf das Urteil“ gefördert, die Hauptverhandlung also im Rechtssinn fortgesetzt wird. Die bloße Erörterung eines Verstoßes gegen eine Meldeauflage in der Sitzung reicht dazu nicht aus. Der BGH hat mit seinem Beschluss zugleich erstmals entschieden, dass auch die – für das Verfahren gegen einen nicht ausreichend sprachkundigen Angeklagten unverzichtbare – Vereidigung einer Sprachdolmetscherin in diesem Sinne „keine Verhandlung zur Sache“ darstellt.

Die Entscheidung aus Karlsruhe hält die Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger weiter dazu an, innerhalb der Revisionsbegründungsfrist eingehend zu prüfen, ob in jedem Sitzungstermin auch „wirklich verhandelt“ wurde. Denn einen darin liegenden Verfahrensfehler darf der BGH nur dann zur Kenntnis und zum Anlass einer Urteilsaufhebung nehmen, wenn er von der Verteidigung in der Revisionsbegründung entsprechend gerügt worden ist.

Als auf Revisionen von Strafurteilen spezialisierter Rechtsanwalt und Strafverteidiger berate ich Sie gerne zu Ihrem konkreten Fall. Rufen Sie an oder schicken Sie mir eine eMail: schiminowski@strafverteidiger.team